Gigantische Finanzkrise
Rubel stürzt ins Bodenlose - Droht Russland der Kollaps?
Wie viel lange dauert es noch, bis die russische Wirtschaft unter der Last der Probleme zusammenbricht? Die Talfahrt des Rubels könnte das Fass endgültig zum Überlaufen bringen und Russland in eine schwere Finanzkrise stürzen.
Je mehr der Westen den Druck auf Wladimir Putin erhöht, desto beliebter wird der russische Präsident in der heimischen Bevölkerung. Doch während die Umfragewerte Putins steil nach oben zeigen, geht es parallel dazu für eine andere Kurve ebenso steil nach unten: die des russischen Rubel. Seit Ausbruch der Ukraine-Krise erreicht die Währung Russlands immer neue Tiefstände, zuletzt verlor der Rubel sechs Tage in Folge an Wert. Wie die „Welt“ berichtet, beträgt der Wertverlust des Rubels zum Euro seit Jahresbeginn inzwischen rund zehn Prozent, gegenüber dem US-Dollar sind es gar 15,4 Prozent – und ein Ende des Sturzflugs ist nicht in Sicht. Diese Talfahrt könnte der Beginn einer dramatischen Abwärtsspirale sein, da es für russische Unternehmen immer schwieriger wird, ihre Auslandsschulden zu begleichen. „Über der russischen Währung braue sich ein wahres Unwetter zusammen“ und Russland steuere deshalb geradewegs auf eine „gigantische Finanzkrise“ zu, schreibt die „Welt“.
Von Sanktionen über Inflation bis hin zur Kapitalflucht
Die Liste der Probleme ist lang: Zu den immer schärferen westlichen Sanktionen gegen Russland kommt ein massiver Vertrauensverlust der Märkte. Anleger zeigen sich zunehmend verunsichert, investieren lieber nicht in Russland und auch diejenigen, die bereits im russischen Markt aktiv sind, ziehen ihr Kapital vorsichtshalber ab. Das gilt übrigens auch für die Russen selbst. Laut „Welt“ bringe eine beträchtliche Zahl von Inländern ihr Vermögen außer Landes, der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt den diesjährigen Kapitalabfluss auf bis zu 150 Milliarden US-Dollar. Allein diese massive Kapitalflucht würde ausreichen, Russland in Bedrängnis zu bringen. Doch es ist bei Weitem nicht Russlands einzige Sorge.
Auch der fallende Ölpreis macht Russland als einem der größten Ölexporteure der Welt zu schaffen, ganz zu schweigen von der derzeitigen Inflationsrate in Höhe von 7,6 Prozent. Das alles in Verbindung mit den Sanktionen trifft die russische Wirtschaft hart. Die Konjunktur hat sich deutlich abgeschwächt, es droht eine schwere Rezession.
Kostet ein US-Dollar bald 50 Rubel?
Dem Bericht zufolge rechnen Devisenhändler daher mit einem langanhaltenden Abwärtstrend. Geht es nach ihnen, könnten bereits in wenigen Monaten 40 Rubel nötig sein, um einen US-Dollar zu kaufen. Im Jahr 2017 könnte dann sogar die 50-Rubel-Marke überschritten werden. Das hätte dramatische Folgen, vor allem für den russischen Privatsektor.
Lesen Sie auch
Laut „Welt“ belaufen sich die Schulden russischer Unternehmen und Banken im Ausland auf umgerechnet 1,3 Billionen US-Dollar. Davon werden 157 Milliarden US-Dollar noch in diesem Jahr fällig. Je tiefer der Wert des Rubels sinkt, desto mehr Rubel müssen aufgebracht werden und desto schwieriger wird es, diese ausländischen Forderungen zu bedienen.
Frappierende Ähnlichkeiten zur Asienkrise
Der russische Staat selbst hat vergleichsweise wenig Auslandsschulden und verfügt darüber hinaus nicht nur über den fünftgrößten Devisenschatz der Welt (ca. 406 Milliarden US-Dollar). Obendrein hat Russland in den letzten Jahren seine Goldreserven so massiv ausgeweitet wie kein anderes Land, sodass Putin inzwischen auf Goldbarren im Wert von 44 Milliarden US-Dollar zurückgreifen kann. Angesichts der langen Liste an Problemen (Sanktionen, Vertrauensverlust, Kapitalflucht, Inflationsanstieg, drohende Rezession und drohende Schuldenblase) wird er die auch bitter nötig haben, um Russland weiter auf Kurs zu halten. Gelingt das nicht, droht Russland eine Krise ähnlich der Asienkrise der Jahre 1997/98. Die Parallelen seien jedenfalls frappierend, so die „Welt“.